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Interview mit PostDoc Shiro Watanabe

English version below

Seit 01. August 2024 bereichert Dr. Shiro Watanabe das Building Lab als Gastwissenschaftler. Im Rahmen seines PostDocs forscht Watanabe im Bereich Digitales bauen, wobei er von Professor Linner und Professor Weininger gehostet wird. Einen Einblick in seine Forschungstätigkeiten und seine Eindrücke an der OTH Regensburg erhaltet ihr in folgendem Interview:

Shiro Watanabe, 38 Jahre alt, aus Japan

In welchen Themenbereichen forschen Sie?
Meine Forschungsbereiche umfassen Konstruktionsmethoden im Bauwesen und Produktionssysteme für vorgefertigte Holzgebäude. Im Speziellen liegt mein Fokus auf der lokalen Vorfertigung mit Holz an der Schnittstelle zwischen Großserienproduktion und individuell angepasster und adaptiver Fertigung.

Wie hat Ihre Begeisterung für dieses Thema/diese Themen begonnen?
In Deutschland wird die Holzvorfertigung als praktikable Bauoption immer beliebter, wohingegen es in Japan an entsprechenden Praktiken mangelt. Mich hat sehr interessiert, welche Baumethoden tatsächlich funktionieren und wie die beteiligen Akteure bei realen Bauprojekten kooperieren. Mit dem Verständnis dieser Punkte möchte ich hervorheben, wie sich die Verbreitung von vorgefertigtem Holz entwickelt.

Wie entstand die Kooperation mit der OTH Regensburg und warum haben Sie sich für Deutschland entschieden?
Ich kam mit der Unterstützung von Prof. Thomas Bock (emeritierter Professor der TUM) an die OTH Regensburg, welcher ein alter Freund meines Professors an der Universität Tokyo (UT) und auch mein "Senpai" oder mein Vorgesetzter im Labor ist. Er stellte mich Prof. Linner vor, der sein Student an der TUM war.

Im Kurs meines Professors an der UT lernte ich Walter Gropius großartige Arbeit zur Vorfertigung von Massenwohnungen kennen. Seine frühen Versuche dienten als Grundlage für die nachfolgende weltweite Entwicklung des Fertighausbaus nach dem Zweiten Weltkrieg, wie sie beispielsweise in der erfolgreichen japanischen Fertighausindustrie zum Ausdruck kam.

Jetzt sind wir auf halbem Weg zu offeneren Vorfertigungssystemen, in denen vorgefertigte Komponenten durch die flexible Einbindung lokal ansässiger Unternehmen hergestellt werden können. Ich habe Deutschland ausgewählt, weil ich untersuchen wollte, wie sich ein solches System mit digitalen und robotergestützten Methoden herausbildet.

Was sind die Stärken und Besonderheiten des Sie hostenden Building Labs und seiner Labore?
Die größte Stärke des Building Lab liegt im interdisziplinären Ansatz und der gemeinsamen Vision. Ich habe festgestellt, dass unsere Mitglieder aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen und sich durch ihr Fachwissen stark dafür einsetzen, den Bauprozess zu optimieren. Darüber hinaus arbeiten sie in ihren laufenden Projekten eng mit privaten Unternehmen aus der Baubranche und anderen Industriebereichen zusammen. Unabhängig von den Techniken oder Systemen, die für meine Forschung spezifisch sind, schätzen die Mitglieder hier deren Tragweite und geben mir aufschlussreiches Feedback.

Wie ergänzen sich Japan und Deutschland im Hinblick auf seine Stärken in Forschung & Entwicklung im Bauwesen?
Mir ist aufgefallen, dass Deutschland und Japan in ihrer Bauindustrie ähnliche Strukturen haben, in denen kleine und mittlere Unternehmen eine bedeutende Rolle spielen und über ein hohes Niveau an Bautechniken verfügen. Meiner Ansicht nach sind deutsche Unternehmen anpassungsfähiger und bereit, neue Technologien zu übernehmen, um Mehrwertlösungen zu schaffen, die mit meinem Forschungsschwerpunkt übereinstimmen. Andererseits stelle ich fest, dass japanische Unternehmen mehr Wert auf Detailgenauigkeit legen und anspruchsvolle Design- und Methodenvarianten bieten. Ich glauben, dass beide Länder den Wert der Bauindustrie erheblich steigern können, indem sie voneinander lernen.

Wie wollen Sie Ihre Forschung an der OTH Regensburg später in die Industrie einbringen? 
Wir haben im japanischen Institut bereits einige Prototypen und einzelne Techniken für vorgefertigte Holzkonstruktionen entwickelt. Uns fehlt jedoch das Wissen, wie wir diese in praktischere und funktionalere Konstruktionen in Japan integrieren können. Basierend auf den Erkenntnissen aus Deutschland werde ich nicht nur Modellbaumethoden vorstellen, die sich gut auf Japan übertragen lassen, sondern auch ein Wertschöpfungskettenmodell mit lokalen Akteuren aufzeigen.

Wie ist Ihre Postdoktorandenstelle finanziert?
Mein Forschungsaufenthalt an der OTH Regensburg ist Teil einer Aufgabe meines Instituts in Japan. Ich arbeite am National Building Research Institute of Japan (BRI), das eng mit der japanischen Regierung zusammenarbeitet. Ich habe Forschungsmittel erhalten, weil das BRI anerkennt, dass mein Forschungsvorhaben in Deutschland notwendig ist, um landesweite Probleme wie den Rückgang qualifizierter Arbeitskräfte und die CO2-Neutralität anzugehen.

Welche Erfahrung/Situation in Deutschland hat Sie am meisten geprägt?
Die Arbeit an der Sanierung alter Gebäude in Deutschland beeindruckt mich immer wieder. Die Sanierung historischer Kathedralen beispielsweise basiert auf traditionellen Bautechniken, die seit Generationen weitergegeben werden. Prof. Weininger zeigte mir ein Projekt eines Holzanbaus an einem alten Mehrfamilienhaus in München, an dem sein Ingenieurbüro beteiligt ist. Das Projekt, bei dem eine bestehende Ziegelstruktur mit neuen vorgefertigten Holzelementen ergänzt wird, erfordert eine aufwändige Planung und sorgfältige Konstruktion, insbesondre an den Schnittstellen zwischen den alten und neuen Materialien. Es fühlt sich wie eine bemerkenswerte Mischung aus modernem und traditionellem Wissen an.

Welche Tipps haben Sie für auslandsbegeisterte Studierende die an der OTH Regensburg studieren wollen?
Regensburg ist eine schöne Stadt zum Leben und Studieren. Es macht großen Spaß, durch die Altstadt zu schlendern und historische Gebäude zu besichtigen. Die Innenstadt bietet eine große Auswahl an Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants. Der Tech-Campus, der sich in der Nähe der Innenstadt befindet, bietet eine angenehme Arbeitsumgebung. In meinem Bereich des Bauwesens können wir in Regensburg immer mehr neue, faszinierende Bauprojekte sehen, die es mir ermöglichen, herauszufinden, was einen Unterschied macht und Auswirkungen auf meine Forschung hat. Obwohl ich mein japanisches Lieblingsrestaurant noch nicht gefunden habe, wird jede Erfahrung an der OTH Regensburg sicherlich Ihren Horizont und Ihre Möglichkeiten erweitern.

 

English version

Since August 1 2024, Dr. Shiro Watanabe has been enriching the Building Lab as a visiting scientist. As part of his PostDoc, Watanabe is conducting research in the field of digital constructin, hosted by Professor Linner and Professor Weininger. You can get an insight into his research activities and his impressions at the OTH Regensburg in the following interview:

Shiro Watanabe, 38 years old, Japan

In which areas of research are you working?
My research areas include building construction methods and production systems for prefab timber buildings. Particularly, my focus is on local-based prefabrication using timber at interfaces between high-volume productions and individually customized and adaptive manufacturing. 

How did your passion for this topic/these topics begin?
In Germany, timber prefabrication is gaining popularity as a feasible construction option, whereas Japan lacks related practices. I have been highly interested in what construction methods actually work and how related players cooperate with each other in real building projects. By understanding those points, I would like to highlight how the dissemination of prefab timber is going.

How did the collaboration with OTH Regensburg come about, and why did you choose Germany?
I came to OTH Regensburg with the facilitation of Prof. Thomas Bock (Professor Emeritus TUM), who is an old friend of my professor at the University of Tokyo (UT) and also my "Senpai" or my senior in the lab. He introduced me to Prof. Linner, who was his student at TUM.

In my professor's course at UT, I learned about Walter Gropius's great works regarding prefabrication for mass housing. His early trials served as a basis for subsequent worldwide developments of prefab housing after WW2 as exemplified by the successful Japanese prefab industry. 

Now, we are halfway to more open prefabrication systems where prefab components can be manufactured through the flexible involvement of local-based companies.  I selected Germany because I wanted to explore how such a system is forming with digital- and robotic-based methods.

What are the strengths and special features of the hosting Building Lab and its facilities and laboratories?
The greatest strength of Building Lab lies in its interdisciplinary approach and shared vision. I found that our members come from a diverse range of fields and share a strong commitment to enhancing the building process through their specialized expertise. Additionally, in their ongoing projects, they closely collaborate with private companies in the construction and other industries. Regardless of the techniques or systems specific to my research that I discuss, the members here appreciate their significance and provide me with insightful feedback. 

How do Japan and Germany complement each other in terms of their strengths in research & development in the construction industry?
I have realized that Germany and Japan have similar structures in their construction industries, where small- and mid-sized firms play a significant role and exhibit a high level of building techniques. In my view, German companies are more adaptable and willing to take on new technologies to create value-added solutions, which aligns with my research focus. On the other hand, I find that Japanese companies place a stronger emphasis on attention to detail and offer sophisticated design and methodological variations. I believe both countries can greatly enhance the construction industry's value by learning from each other.

How do you plan to integrate your research at OTH Regensburg into the industry later?
We already developed some prototypes and individual techniques regarding prefab timber construction in the Japanese institute. However, we lack knowledge on how to integrate them into more practical and functional ones in Japan. Based on the extracted points learned from Germany, my approach will involve not only presenting model construction methods that can be well applied to Japan but also showing a value-chain model involving local-based players.

How is your position as postdoctoral researcher funded?
My research stay at OTH Regensburg is part of an assignment from my institute in Japan. I work at National Building Research Institute of Japan (BRI), which closely cooperates with the Japanese government. I got research funds since BRI appreciates that my research plan in Germany is necessary for addressing nationwide issues such as decline in skilled labor and carbon neutrality.

Which experience or situation in Germany has had the greatest impact on you?
The work of renovating old buildings in Germany always impresses me. The refurbishment of historic cathedrals, for example, is based on traditional building techniques that have been passed down for generations. Prof. Weininger showed me a wooden extension project on an old multi-family residential building in Munich, which his engineering firm is involved in. The project, which involves adding new timber prefab elements to an existing brick structure, requires elaborate design and careful construction, especially at the interfaces between the old and new materials. It feels like a remarkable blend of modern and traditional knowledge.

What tips do you have for students interested in studying abroad, specifically those who want to study at OTH Regensburg?
Regensburg is a nice city to live and study. Walking around the old towns and seeing historical buildings is great fun. The city center offers a wide variety of shopping and food. Tech campus, which is close to the city center, offers a comfortable environment to work. Regarding my field of building construction, we can see more new fascinating building projects in Regensburg, allowing me to find what makes a difference and to have implications for my research. Although I haven't been able to find my favorite Japanese restaurants, every experience at OTH Regensburg will surely expand your perspective and possibilities.

Foto: Florian Weininger/OTH Regensburg
Foto: Shiro Watanabe
Foto: Shiro Watanabe
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